Gewitterkunde


Benjamin Franklin

Neu: Das Buch "Die kleine Gewitterkunde" ist jetzt im Theophrast-Verlag erschienen und kann dort bestellt werden. Das Buch enthält wesentlich mehr Informationen als diese Webseite bieten kann und ist aktualisiert, lektoriert und korrigiert. Für Zitate sollte immer das Buch genutzt werden, statt auf diese Seite zu verweisen.


Die Definition des Gewitters wird allgemein über seine Erscheinungen Blitz und Donner abgeleitet. Tatsächlich definiert sich das Gewitter über die internen Prozesse, die in der Gewitterwolke statt finden.


Das Gewitter ist die meteorologische Erscheinung der Gewitterwolke. Die Gewitterwolke entsteht aus einer sich mit ausreichender Luftfeuchte schnell bildenden Wolke. Durch eine von Außen zugeführte initiale Hebung entsteht im Inneren der Wolke ein sich selbst verstärkender Auftrieb. Er wird genähert durch zwei hintereinander folgende Prozesse: der Kondensation und dem Gefrieren, die beide ein Freisetzen latenter Wärme verursachen. Dieser stark wachsende innere Auftrieb erzeugt die gewittertypischen Erscheinungen Sturm, starker Regen, Graupel, Hagel sowie Blitz und Donner.


In dieser kleinen Gewitterkunde sind die wichtigsten Informationen zum Aufbau der Luftschichten, der Wolkenbildung, den Entwicklungsstadien des Gewitters sowie zum Blitz zusammen getragen und mit interessanten Details versehen. Um die gewünschte Information schnell und gezielt zu bekommen ist die Seite mit einem eigenen Inhaltsverzeichnis versehen.


Die Zusammensetzung der Luft


Unsere Erde besitzt eine Lufthülle. Es ist die Atmosphäre, die sich aus einem Gemisch verschiedener Gase zusammen setzt. Einige Gase kommen immer in einem recht konstanten Anteil vor. Den variablen Teil bildet der Wasserdampf von 0% bis etwa 4% der Luft. Der konstante Anteil besteht aus Stickstoff, Sauerstoff, Argon, Kohlendioxid und einem geringen Anteil verschiedener Spurengase. Die Spurengase sind beispielsweise Helium, Xenon, Methan, Kohlenmonoxid und Ozon.


Tabelle 1: Anteile enthaltener Gase in der Atmosphäre
konstanter Teil der Atmosphäre Anteil variabler Teil der Atmosphäre Anteil
Stickstoff (N2) 78,08% Wasserdampf (H2O) 0-4%
Sauerstoff (O2) 20,95%
Argon (Ar) 0,93%
Kohlendioxid (CO2) 0,04%
Spurengase < 0,003%

Während die Anteile der konstanten Gase bis zu einer Höhe von 90 km relativ gleich bleiben, verhält sich der Wasserdampf sehr variabel. Zudem kann der Wasserdampf auch in den Aggregatzuständen Fest und Flüssig vorkommen. Im festen Zustand erscheint der Wasseranteil als Schneekristall oder als Hagel. Im flüssigen Zustand kennen wir das Wasser als Wolke, Nebel oder Regen. Gerade der aus Wasserdampf entstehende Niederschlag ist für den Wasserkreislauf auf der Erde notwendig und bildet die Lebensgrundlage für alle Lebewesen.


Aufsteigende Luft


Die Luftschichten in der Atmosphäre werden in weitere Bereiche unterteilt. Bis zu einer Höhe von etwa 11 km befinden sich die Troposphäre, in der sich das für uns bedeutende Wetter abspielt. Darüber befindet sich die Stratosphäre (bis 48 km Höhe), die Mesosphäre (bis 86 km) und die Thermosphäre, die für die aktuellen Betrachtungen weniger bedeutsam sind.


Tabelle 2: Luftschichten der Atmosphäre
Name Höhe
Exosphäre (Ionosphäre) über 500 km
Thermosphäre (Ionosphäre) 86 km - 500 km
Mesosphäre 48 km - 86 km
Stratosphäre 11 km - 48 km
Troposphäre 0 km - 11 km

Die 11 km der Troposphäre stellen einen vereinfachten Mittelwert dar. In polaren Gebieten erstreckt sich die Troposphäre nur bis etwa 8 km und in der Tropen sind es bist zu 16km an Höhe. Innerhalb der Troposphäre kann man eine kontinuierliche Temperaturabnahme von 0,65 °C pro 100 m Höhe feststellen. In der darüber liegenden Stratosphäre bleibt die Temperatur zunächst gleich und beginnt in weiterer Höhe sogar wieder zu steigen.


Die folgende Betrachtung basiert darauf, dass ein abstraktes Luftpaket beobachtet wird, dass sich nicht mit der umgebenden Luft vermischt. Bewegt sich dieses Luftpaket nach oben, verringert sich der Luftdruck und das Paket dehnt sich aus. Die Arbeitsleistung wird aus dem Wärmehaushalt entnommen wodurch seine Temperatur fällt. Unter der Voraussetzung, dass sich das Luftpaket adiabatisch verhält, also kein Energieaustausch mit der Umgebung erfolgt, errechnet sich ein Wert von 1 °C / 100 m Abkühlung. Das ist ein theoretischer Wert für ein absolut trockenes Luftpaket, ohne Wasserdampf, Wasser oder Eis. Diesen Wert nennt man trocken-adiabatischen Temperaturgradient.


In einem aufsteigenden Luftpaket nimmt mit abnehmender Temperatur die relative Luftfeuchtigkeit zu. Sobald die Sättigung mit Wasserdampf erreicht ist, kondensiert der Wasserdampf beim weiteren Aufstieg zu Wassertröpfchen. Dadurch wird das Luftpaket als Wolke sichtbar. Durch die Kondensation wird Wärme freigesetzt. Die Temperaturabnahme verringert sich und wirkt dem weiteren Aufsteigen des Luftpakets entgegen. Ein mit Wasser gesättigtes Luftpaket verhält sich als sättigungs-adiabatischer Temperaturgradient.


Stabile und labile Schichtung der Atmosphäre


Das tatsächlich aufsteigende Luftpaket verhält sich nicht unbedingt so, wie es als trocken-adiabatischen Temperaturgradient berechnet wurde. Ist die Temperaturabnahme des Luftpakets kleiner als bei der Idealbedingung, spricht man von einer stabilen Schichtung der Atmosphäre. Sobald ein Luftpaket seine Ruhelage (Z0) verlässt, kehrt es nach einer Weile selbstständig in seine Ruhelage zurück.


Bild 1: Schichtung der Atmosphäre
Bild 1: Schichtung der Atmosphäre


1 - sättigungs-adiabatischer Temperaturgradient
2 - trocken-adiabatischer Temperaturgradient
3 - tatsächliche Temperaturschichtung
Z0 - Ruhelage eines Luftpaketes


Ist die Temperaturabnahme aber größer als beim trocken-adiabatischen Temperaturgradienten, wird die Schichtung der Atmosphäre labil. Ein Luftpaket, das seine Ruhelage verlässt, kehrt nicht in seine Ruhelage zurück. Es bewegt sich allein in beschleunigter Bewegung weiter und erzeugt einen Vertikalwind. Betrachtet man zusätzlich zum trocken-adiabatischen Temperaturgradient (2) noch den sättigungs-adiabatischen Temperaturgradienten (1), entsteht zwischen ihnen ein neuer Bereich. Liegt die tatsächliche Temperaturschichtung der Umgebungsluft (3) in diesem Bereich, nennt man das bedingte Stabilität beziehungsweise bedingte Labilität. Das Verhalten des Luftpakets ist abhängig vom eigenen Wasserdampfgehalt. Ist das Luftpaket trocken, verhält es sich vorwiegend stabil und ist es mit Wasserdampf gesättigt wird es sich labil verhalten.


Bild 2: Aufstieg eines Luftpakets zur Wolkenbildung
Bild 2: Aufstieg eines Luftpakets zur Wolkenbildung


Bild 2 zeigt den Aufstieg eines Luftpakets entlang des trocken-adiabatischen Temperaturgradienten bis zum Kondensationsniveau. Dort setzt die Wolkenbildung ein und die Abkühlung des Luftpakets folgt nun dem sättigungs-adiabatischen Temperaturgradienten. Hat sich das Luftpaket an die Temperatur der Atmosphäre angeglichen stoppt der Aufstieg und die Wolke wächst nicht weiter nach oben.


Selbst in der labilsten Atmosphäre würde ein Luftpaket spätestens am Übergang zur Troposphäre gestoppt werden, da hier ein abrupter Temperaturanstieg erfolgt.


Die Wolke


Der Begriff Wolke stammt aus dem althochdeutschen Wort "Wolka", was soviel wie "die Feuchte" bedeutet. Eine Wolke ist eine schwebende Ansammlung von sichtbaren kleinen Wassertröpfchen mit einem mittleren Durchmesser unter 0,02 mm. Die Wassertröpfchen sind durch Kondensation der Luftfeuchtigkeit entstanden. Da sie nur etwa 62,5% des Luftgewichts schwer sind, beginnen sie aufzusteigen. Sie steigen, bis sie durch eine Abkühlung in oberen Luftschichten den Taupunkt erreicht haben. Verschiedene Parameter wie Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchte bestimmen den Verlauf der Wolkenbildung. Am Taupunkt verbinden sich die Tröpfchen und werden oft zu schwer um der Gravitation entgegen zu wirken. Die Wolke beginnt zu regnen. In vielen Fällen lösen sich die Wolken auch einfach wieder in nicht sichtbare Luftfeuchtigkeit auf. Sich auflösende Wolken am Himmel versprechen ein schönes Wetter für den Tag.


Bild 3: Typische Kumulus-Wolke mit flacher Unterseite am Kondensationsniveau
Bild 3: Typische Kumulus-Wolke mit flacher Unterseite am Kondensationsniveau


Wolken türmen sich mitunter kilometerweit auf. Unten sind sie meist flach. An dieser Stelle liegt die Temperaturgrenze, an der Wasserdampf zu den kleinen Wassertröpfchen kondensiert, die dann die sichtbare Wolke bilden. Wasserwolken haben eine klare Kontur, weil die Tröpfchen am Wolkenrand entstehen und die Wolke mit Ihnen wächst. Eiswolken haben hingegen keine klare Kontur. Eine große Wolke besteht aus unzähligen kleinen Wassertröpfchen. Zusammen wiegen sie oft über 200 Tonnen. Trotz des Gewichts halten Aufwinde sie am Schweben - bis zu 14 Kilometer hoch über der Erde. In der gesamten Erdatmosphäre schweben so ständig rund 15 Billionen Tonnen Wasser. Alle 10 Tage wird diese gigantische Menge durch Regen und Verdunstung komplett ausgetauscht. Durchschnittlich ist über die Hälfte der Atmosphäre von Wolken bedeckt.


Die Wolken lassen sich nach Form und Höhe klassifizieren. Entsprechende Wolkenbilder werden in einem Wolkenatlas zusammengestellt. Die Weltorganisation für Meteorologie unterscheidet zehn Wolkentypen, auch Wolkengattungen genannt, anhand der Höhe, in der sie sich bilden und anhand ihrer Form oder Gestalt.


Bild 4: Die zehn offiziellen Wolkengattungen der Weltorganisation für Meteorologie
Bild 4: Die zehn offiziellen Wolkengattungen der Weltorganisation für Meteorologie


Die zehn Wolkengattungen enthalten die hohen Wolken: Zirrus, Zirrostratus und Zirrokumulus, die mittelhohen Wolken: Altokumulus, Altostratus und Nimbostratus sowie die tiefen Wolken: Stratokumulus, Stratus, Kumulus und Kumulonimbus.


Es gibt 4 Grundwolkentypen, die so heißen wie sie aussehen: Federwolken (Zirrus), Haufenwolken (Kumulus), Schichtwolken (Stratus) und die Regenwolken (Nimbus). Stratus-Wolken bedecken den Himmel gänzlich und treten bei stabiler Schichtung der Atmosphäre auf. Die Höhe spielt eine weitere Rolle bei der Bezeichnung. Beispielsweise die Kumulus-Wolke findet man in Höhen von etwa 1500 m. Wenn sie etwas höher auftauchen, etwa bei 6000 m, spricht man von Altokumulus - also in der mittleren Höhenlage. Wenn sie noch höher, bei etwa 9000 m, auftauchen nennt man sie Zirrokumulus. Manchmal werden die Bezeichnungen auch kombiniert. Haufenwolken beispielsweise mit etwas Schichtwolken werden daher Stratokumulus bezeichnet.


Der Nebel stellt eine Sonderform der Wolken dar. Der Name stammt aus dem althochdeutschen Wort "Nebul" was ursprünglich "Feuchtigkeit" bedeutet. Nebel ist kondensierter Wasserdampf in bodennahen Luftschichten unter einem Kilometer. Entsprechend der Ursache für die Entstehung des Nebels werden bestimmte Arten wie Abkühlungs-, Verdunstungs- oder Mischnebel unterschieden. Der meiste Nebel entsteht im Winterhalbjahr in der Nähe von Gewässern, da in dieser Jahreszeit durch Sonneneinstrahlung tagsüber Wasser verdunstet, die Luft sich abends aber so stark abkühlt, dass das Wasser wieder kondensiert. Wenn es im Sommer plötzlich zu einem Kaltlufteinbruch kommt oder nach Regen, kann auch in dieser Zeit Nebel auftreten, was jedoch nicht allzu häufig geschieht. Nebel schlägt sich bei Temperatur über 0 °C an Pflanzen und anderen festen Oberflächen als Tau nieder. Liegt die Temperatur unter dem Gefrierpunkt, so bildet sich Reif.


Entstehung und Verlauf eines Gewitters


Alle Gewitter benötigen drei besondere Voraussetzungen für ihre Entstehung.

  1. Ausreichend Feuchtigkeit in der Nähe der Erdoberfläche,
  2. ein Temperaturgefälle, auch Labilität der Luftmassen genannt, damit die Feuchtigkeit nach oben steigen kann
  3. und eine initiale Hebung der Luftschichten, um den Prozess der Gewitterbildung in Gang zu bringen

Für die Hebung gibt es verschiedene Ursachen. Oft wird sie durch unterschiedlich erhitzte Luftmassen erwirkt, die sich aus Wind- und Luftdruckverhältnisse sowie Luftschichtungen bilden. Die Hebung kann auch mechanischer Natur sein. Feuchte Luft, die an Gebirge entlang ziehen oder sich über Industrie mit atmosphärischer Beeinflussung bewegen, kann so nach oben gelenkt werden. Wegen der vielen verschiedenen Bedingungen für eine Gewitterbildung ist eine genaue Vorhersage auch entsprechend kompliziert.


Durch die initiale Hebung kühlt die feuchte Luft soweit ab, bis sie ihren Taupunkt erreicht hat. An dieser Stelle kondensiert die feuchte Luft und es bildet sich die sichtbare Wolke - zunächst als kleine Quellwolke. Der Prozess der Kondensation setzt Energie frei, die als Wärme die Luftmassen weiter ausdehnt und nach oben treibt. Dadurch wird der erste Hebungsprozess wesentlich verstärkt. Soweit ausreichend feuchte Luft nachströmen kann, wird sich dieser Effekt wie in einem Schornstein weiter entwickeln. Betrachtet man ein imaginäres Luftpaket, wird es soweit aufsteigen, wie es wärmer als seine Umgebung ist. Spätestens am Übergang zwischen Troposphäre und Stratosphäre, der Tropopause, wird das Luftpaket gestoppt, da hier ein abrupter Temperaturanstieg zu zu verzeichnen ist. Die Tropopause liegt in Mitteleuropa etwa auf einer Höhe von 8 km im Winter und im Sommer auf etwa 12 km Höhe. Durch die Bewegungsenergie der Luft wird sie weiter steigen. Durch weiter nachströmende Luft wird die oberste Schicht auseinander getrieben und die typische Form der Gewitterwolke bildet sich aus. Außen fallen die abgekühlten Luftmassen wieder ab. Teilweise werden sie wieder von nachströmender Luft nach oben gerissen oder sie sind soweit kondensiert, dass sie als Niederschlag zu Boden fallen.


Bild 5: Entwicklungsstadien einer Gewitterzelle vom  Jugendstadium (1) über Reifestadium (2) bis zum Alterungsstadium (3)
Bild 5: Entwicklungsstadien einer Gewitterzelle vom Jugendstadium (1) über Reifestadium (2) bis zum Alterungsstadium (3)


Ein Gewitter baut sich meist aus einzelnen Zellen von einigen Kilometern Durchmesser auf. Die Entwicklung durchläuft dabei drei wesentliche Stadien: dem Jugendstadium, dem Reifestadium und dem Alterungsstadium.


Im Jugendstadium stellt die Zelle eine Kumuluswolke dar. In diesem Stadium herrscht im gesamten Bereich Aufwind. Er nimmt von unten nach oben hin zu und von innen nach außen ab. Die Bildung von Niederschlägen ist noch gering. Die Dauer dieses Stadium beträgt etwa 15 bis 20 Minuten.


Im Reifestadium wird die Entwicklung der Zelle durch Niederschlagsbildung bestimmt. Die Zelle wächst weiter und scheidet Wasserdampf durch Kondensation ab, was zum Niederschlag führt. Zunächst werden die Niederschlagsteilchen wie Regen, Schnee, Graupel und Hagel vom Aufwind getragen. Mit zunehmender Größe und Gewicht beginnen sie gegen den Aufwind zu fallen. Diese Niederschlagsbildung gestaltet die Strömung und Temperaturverteilung in der Zelle. Die gegen den Aufwind fallenden Teilchen bremsen diesen durch Reibung ab und verwandeln ihn schließlich in einen Fallwind. Zusammen mit dem starken Niederschlag entsteht im inneren der Zelle ein Kaltluftausbruch, der sich in Bodennähe seitlich ausbreitet. So entstehen die bekannten Gewitter-Sturm-Böen am Boden. Mit dem Ausfall des Niederschlages und dem zunehmenden Fallwindes wird die neue Energiezufuhr gebremst und die Zelle beginnt abzusterben. Die mittlere Dauer des Reifestadiums beträgt etwa 15 bis 30 Minuten.


Bild 6: Typische Gewitterwolke mit deutlich ausgeprägtem Amboss, © Peter Niesczeri / pixelio.de
Bild 6: Typische Gewitterwolke mit deutlich ausgeprägtem Amboss, © Peter Niesczeri / pixelio.de


Im Altersstadium der Gewitterzelle ist jeder Aufwind abgestorben. Der in der Zelle noch enthaltene Niederschlag fällt allmählich zu Boden. Die Dauer dieses Stadiums beträgt etwa 30 Minuten. Gewitter sind recht kurz, weil sich die regenkühle Luft des Abwindes unter den Aufwind schiebt und so die Zufuhr von warmer, feuchter Luft abschneidet.


Die Fortentwicklung eines Gewitters besteht im Aufbau immer neuer Zellen in der Umgebung absterbender Zellen. Dabei kann aus der aus einer absterbenden Zelle ausfließende Fallwind ein Anstoß für die Bildung von neuen Gewitterzellen gegeben werden. Vorzugsweise wird sich dies in Zugrichtung des Gewitters abspielen. Die Zugrichtung durch das Vorauseilen des Gewitterschirms angedeutet. Die Ausbildung neuer Gewitterzellen kann durch Geländeeinflüsse gefördert oder verhindert werden. Man spricht davon, dass ein Gewitter hängen bleibt. Es verliert an Aktivität und erlischt später komplett.


Gewitterarten und Häufigkeit


Gewitter können nur entstehen, wenn feuchte Luftmassen aus eigener Kraft in einen feucht-labile Zustand gelangen und aufsteigen. Entsprechend den zugrunde liegenden Mechanismen für diesen Zustand werden Gewitter in drei Arten unterschieden.


Wärmegewitter entstehen, wenn durch intensive Sonneneinstrahlung der Erdboden und die darüber befindliche Luftschicht aufgeheizt werden. Wenn sich auf diese Weise Luftmassen ablösen und im feucht-labilen zustand aufsteigen, kommt es bevorzugt am Nachmittag und späteren Abend zu Wärmegewittern. Wärmegewitter sind lokal begrenzt. In den Tropen überwiegen die Wärmegewitter aufgrund der intensiven Sonneneinstrahlung. In Europa können sie sich nur im Sommer bei entsprechenden Temperaturen ausbilden.


Frontgewitter unterscheiden sich von Wärmegewittern durch ihre breite ausgedehnte Fron und der hohen Zuggeschwindigkeit bis zu 100 km/h. Es gibt Kaltfrontgewitter und Warmfrontgewitter. Ein Kaltfrontgewitter entsteht, wenn sich größere Kaltluftmassen aufgrund des höheren spezifischen Gewichts unter die vorhandene Warmluft schieben und diese nach oben drücken. Diese Wetterlage ist typisch, wenn im Sommer die Ausläufer eines Tiefdruckgebietes auf schwülwarme Luftmassen treffen. Da Kaltfrontgewitter durch die Temperaturdifferenz beider Luftmassen verursacht werden, können sie auch im Winter und zu jeder Tageszeit auftreten. Charakteristisch sind breite Gewitterfronten und hohe Zuggeschwindigkeiten, sodass ausgedehnte Gebiete von den Gewittern betroffen sind. Für Europa sind Kaltfrontgewitter die häufigste Gewitterart. Warmfrontgewitter sind äußerst selten und entstehen beim Aufgleiten warmer Luft auf vorhandene kalte Luftmassen. In Europa entstehen Warmfrontgewitter hauptsächlich im Winter, wenn feuchtwarme Meeresluft auf kontinentale Kaltluft trifft.


Orografische Gewitter entstehen an Gebirgshängen und bevorzugt am Übergang von Flachland zu Gebirgsmassiven. Der Aufstieg feuchtwarmer Luftmassen wird hier durch die Windströmung gegen das Hindernis bewirkt. Orografische Gewitter können sich während des gesamten Jahres in der Nähe von Gebirgen ausbilden.


Die Zahl der Gewitter ist von der geografischen Breite und der orografischen Beschaffenheit der Erdoberfläche abhängig. Im Allgemeinen nimmt sie von den Tropen nach den höheren Breiten hin ab. In der Äquatornähe werden etwa 100 bis 160 Gewittertage im Jahr registriert. In den mittleren Breiten ist mit 15 bis 60 Gewittertagen zu rechnen. In den Polargebieten sind Gewitter fast unbekannt. In Deutschland werden etwa 15 Gewittertage gezählt, vorrangig in Voralpennähe, im Rheinland und im Thüringer Wald.


Ein Gewitter tritt in den seltensten Fällen als einmalige Erscheinung in deiner Einzelzelle auf. Eine weitere Einteilung der Gewitter erfolgt durch die Erscheinungsform und Häufigkeit. Das sind die Einzelzellen, die Multizellen als Cluster oder Linien und die Superzellen.


Die aus Einzelzellen bestehenden Gewitter sind kurzlebig. sie bildete sich bei schwacher Windscherung und geringer Labilität. Solche kleinräumigen Gewitter bilden sich häufig über den Mittelgebirgen und den Alpen an Sommernachmittagen. Aufgrund mangelnder Organisation des Gewitters, sind die teilweise pulsierend: kurz stark und dann wieder schwächer. Heftige Wettererscheinungen sind selten zu erwarten und treten vorrangig an der Schnittstelle zwischen Aufwind und Abwind auf.


Die häufigsten Gewitter in Deutschland treten als Multizellen auf. Der Abwind der älteren Zelle verstärkt an ihrer Flanke den Aufwind der nächsten Zelle und begünstigt so wiederholt die Neubildung weiterer Gewitterzellen.


Bild 7: Auf- und Abwinde in einem Multizellen-Gewitter
Bild 7: Auf- und Abwinde in einem Multizellen-Gewitter


Eine Multizelle besitzt mehrere Zellen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Sie sind bei der klassischen Multizelle wie eine Treppe geordnet. Im Bild 7 ist eine Multizelle in vier verschiedenen Reifestadien dargestellt. Von der einfachen Wolke links im Bild über das Jugendstadium und das Reifestadium hin zum Altersstadium. Durch die fortwährende Neubildung sind Multizellen sehr langlebig. Sie können von etwa 2 Stunden bis über 12 Stunden lang aktiv sein. Bei starken Regen kann es dadurch schnell zu Überflutungen kommen.


Die Multizellen mit nacheinander entstehenden Gewitter werden als Cluster bezeichnet. Multizellen-Gewitter können auch nebeneinander in einer Linie auftreten. Die Aneinanderreihung der Gewitter kann dabei geschlossen als auch mit kleinen Lücken auftreten. Ein herannahendes Liniengewitter wird als dunkles Wolkenband wahrgenommen. Mit der vorrückenden Böenlinie wird warme labile Luft von dem kühlen Ausstrom nach oben in den Aufwindbereich gehoben. Die stärkste Aufwindzone ist meist an der Vorderseite der Gewitterlinie, wobei es den heftigsten Regen und Hagel kurz hinter der Aufwindzone gibt. Schwächerer Regen, der von älteren Zellen hervorgerufen wird, geht meist über eine breite Zone hinter der aktiven Vorderseite der Squalline nieder.


Eine Superzelle ist eine besonders langlebige und stark organisierte Gewitterzelle, die häufig mit Sturmböen, starkem Regenfall und oft auch Tornados einhergeht. Zur Entstehung einer Superzelle ist eine hinreichend starke Windzunahme und Winddrehung mit der Höhe notwendig. Superzellen treten häufig im mittleren Westen der USA auf, wenn sich kalte Luft aus höheren Breiten über besonders feuchtwarme Luftschichten aus dem Golf von Mexiko schiebt. Über 90% der Superzellen produzieren extreme Wettererscheinungen, wie großen Hagel, Sturm- und Orkanböen oder Überschwemmungen. Aber nur etwa 30% produzieren wirklich Tornados. Superzellen sind aufgrund ihrer Morphologie oft sehr langlebig. Sie bestehen durchaus mehrere Stunden.


Bild 8: Jahresverlauf der Gewitterhäufigkeit in Mitteleuropa
Bild 8: Jahresverlauf der Gewitterhäufigkeit in Mitteleuropa


In Mitteleuropa kommen am häufigsten Wärmegewitter vor. Für die Entstehung des Gewitters benötigt die Wolke eine Kombination aus feuchter und warmer Luft. Sie entstehen daher vorrangig in der Sommerhitze, wie die Grafik oben deutlich zeigt. Im Gegensatz zu Frontgewitter bauen sich Wärmegewitter vorrangig tagsüber auf. Die größte Häufigkeit der Gewitter liegt in den frühen Nachmittagsstunden, wo die Tagestemperatur ihr Maximum überschritten hat und sich aus der Luftfeuchtigkeit die Wolke gut entwickeln konnte. Wärmegewitter sind Vorboten von schönem Wetter. Nachdem sie sich entladen und abgeregnet haben, kommt meist das schöne Sommerwetter zurück.

Besondere Erscheinungen am Gewitter


Overshooting Tops sind eine Art Hügel über dem eigentlichen Amboss der Gewitterwolke. Sie reichen manchmal bis in die Stratosphäre hinein. Diese Erscheinung ist ein gutes Zeichen für einen sehr starken Aufwind und damit ein sehr heftiges Gewitter.


Bei einigen heftigen Gewittern entsteht eine tief hängende Wolkenwand. Sie wird mit dem englischen Begriff Wallcloud bezeichnet. Diese markante, blockähnliche Vertiefung zeigt sich unter dem Aufwind und nahe am Abwind. Unter dem starken Aufwind wird ein Teil der vom Niederschlag feuchteren und gekühlten Luft mit nach oben gezogen. Daher kondensieren diese Luftpakete auch früher und bilden so die Wallcloud unter der dunklen, regenfreien Basis. Die meisten schweren Tornados entwickeln sich an einer Wallcloud. Wallclouds bilden sich auch an Gewittern über Deutschland.


Downburst sind Fallwinde in einer gefährlicheren Form als bei den üblichen Sturmböen im Gewitter. Ein starker Abwind mit heftigsten Windböen entsteht am Boden mit weit über 100 km/h, im Extremfall auch über 200 km/h. Downbursts sind in ihre Größe unterteilt. Wenn die Fläche der zerstörerischen Winde größer als 4 km im Durchmesser ist, dann wird es Macroburst genannt. Wenn die Fläche kleiner als 4km ist spricht man von Microburst. Meist treten Microbursts urplötzlich auf und sind sehr gefährlich für die Luftfahrt.


Tornados können fast überall in Deutschland auftreten. Pro Jahr werden etwa 10 bis 20 Tornados gezählt. Größte Wahrscheinlichkeit für die Bildung von Tornados bergen die Nachmittage im Monat Juli.


Die Luftelektrizität


Die Erde mit ihrer Atmosphäre kann als großer Kugelkondensator angesehen werden, dessen eine Platte die Ionosphäre bildet. Die Luft dort wird durch kosmische Strahlung ionisiert und damit leitfähig gemacht. Die andere Platte des Kondensators bildet die Erdoberfläche. Zwischen beiden Platten befindet sich ein elektrisches Feld, das sich ständig ändert. Bei schönem Wetter mit wolkenlosem Himmel beträgt dieses Feld etwa 100-300 V/m - je nach Lage und Umgebung. In der Gewitterwolke findet eine Ladungstrennung durch die Luftmassenbewegung statt, sodass unter einer Gewitterwolke leicht Felder von 25.000-30.000 V/m entstehen können. Bei Erreichen dieser Werte treten die ersten Blitze auf und sorgen für einen kurzzeitigen Ladungsausgleich.


Das elektrostatische Feld der Erde
Das elektrostatische Feld der Erde


Da der elektrische Widerstand der Luft als Dielektrikum mit der Höhe über der Erde abnimmt, ist auch die Stärke des elektrischen Feldes nach oben hin geringer. Sie ist stark schwankend und beträgt bei schönem Wetter in Höhen von 10 km etwa 4 V/m und in 30 km nur noch etwa 0,3 V/m. Der durch den Widerstand entstehende Leckstrom würde die Atmosphäre der Erde innerhalb einer Viertelstunde entladen, würden nicht permanent tropische Gewitter am Äquator den Kondensator ständig nachladen.


Nach Professor Kilinksi, Lehrbuch der Luftelekrtizität, Seite 113ff [11], wird die Ladungsverteilung in den Wolken in drei verschiedene Typen grob unterteilt:


Wolkenntyp 1Wolkenntyp 2Wolkenntyp 3

Nach Kilinksi wird die Ladungsverteilung in den Wolken in drei Typen grob aufgeteilt


Typ I: Die positiv polare Wolke trägt in ihrem oberen Teil die positive und im unteren Teil die ngativen Ladungen.


Typ II: Die negativ polare Wolke ist entsprechend andersrum gepolt, also oben die negativen und unten die positiven Ladungen.


Typ III: Die tripolare Wolke, also eine positiv-polare Wolke mit einem eng begrenzten positiven Zentrum in der Mitte der negativen Ladungen an der Wolkenunterseite.


Die meisten Gewitterwolken gehören dem letztgenannten tripolaren Wolkentyp an. Dieses Modell ist aber stark vereinfacht und stimmt selten direkt mit der wirklichen Gewitterwolke überein. Trotzdem können an dem Modell die elektrischen Prozesse der Gewitterwolke deutlich gemacht werden. Bei fast allen Gewitterwolken konnte nachgewiesen werden, dass der Wolkenaufbau mit positiven Ladungen im oberen Bereich und negativen Ladungen in unteren Bereich bei fast jedem Gewitter gleich ist. Das hängt mit den Aufladungsvorgängen im Inneren der Wolke zusammen und ermöglicht gewisse Vorhersagen für ein heranziehendes Gewitter zu treffen.


Eine besondere Erscheinung durch die hohe Luftelektrizität bietet das sogenannte Elmsfeuer. Es erscheint als grüner oder bläulicher Dunst an der Spitze hoher Objekte. Benannt ist es nach St. Elmo, dem Schutzpatron der Seeleute, weil das Elmsfeuer häufig an den Mastspitzen von Schiffen aufgetreten ist. Es handelt sich um eine sehr lichtschwache Erscheinung und ist daher nur bei völliger Dunkelheit erkennbar. Bei einem Elmsfeuer besteht unmittelbare Blitzgefahr! Es ist somit als sichere Warnung zu verstehen um schnellst möglich Schutz zu suchen.


Elektrische Ladung in der Gewitterzelle


Der Mechanismus der Ladungstrennung und der Verteilung der Ladung innerhalb einer Gewitterzelle ist noch nicht vollständig geklärt. Aus Laborversuchen ist bekannt, dass sich Eisteilchen, die durch feine Wassertröpfchen fallen, positiv aufladen. Man geht also davon aus, dass als Ergebnis der mikroskopischen Ladungstrennung kleine Eisteilchen positiv geladen sind, während große Niederschlagsteilchen negative Ladungen tragen. Eine großräumige, makroskopische Trennung der Ladungen erfolgt durch die starken vertikalen Luftströmungen im Inneren der Gewitterwolke. Die leichten Eispartikel befinden sich im oberen Teil der Wolke, wo sich das positive Ladungszentrum aufbaut. Im unteren Teil entsteht dagegen das negative Ladungszentrum. Ein kleines Gebiet mit ebenfalls positiven Ladungen kann in der Wolkenbasis, nahe dem Ausbruch des Niederschlags, entstehen.


Bild 9: Ladungsverteilung in einer Gewitterzelle
Bild 9: Ladungsverteilung in einer Gewitterzelle


Der Potentialunterschied zwischen den negativen Ladungszentrum und der als neutral angesehenen Erde beträgt etwa 50 bis 100 Megavolt. Je nach Höhe des Ladungszentrums würden dadurch Feldstärken bis über 100 kV/m am Erdboden entstehen. Sobald jedoch am Boden die ersten kV/m erreicht werden, entstehen die ersten Teilentladungen an den kleinsten Erhebungen. Sie werden auch als Korona bezeichnet. Dabei werden positive Ladungen versprüht, die das elektrische Feld abschwächen. Die Bodenfeldstärke wird so auf Werte unter 20 kV/m begrenzt.


Der Blitz


Bei ausreichend hohem Potentialunterschied erfolgt der Ausgleich über einen leitfähigen Plasmakanal - dem Blitz. Die meisten Blitze finden innerhalb der Wolken statt. Nur etwa 10% der Blitze schlagen sich zur Erde durch. Die sogenannten Wolke-Wolke-Blitze sind hauptsächlich für Flugzeuge gefährlich. Auf der Erde werden maximal leichte Überspannungen in elektrischen Systemen induziert. Gefährlicher sind die Blitze, die auf der Erde einschlagen. Es kommt zur Gefährdung von Mensch und Tier durch den elektrischen Schlag, zur Brandgefahr bei Einschlägen in Gebäude oder Bäume und zur Gefahr für die elektrischen Geräte durch Überspannungen.


Bild 10: Entwicklung des Leitblitzes und der Fangentladung
Bild 10: Entwicklung des Leitblitzes und der Fangentladung


Der Blitz, mit seiner durchschnittlichen Lebensdauer von etwa 2 ms, entsteht stufenweise. Ein Leitblitz, der sogenannter Leader, wächst aus der starken Raumladung als zylinderförmiger Schlauch ruckartig in Stufen von etwa 3 bis 200 Meter. So entsteht ein hoch-ionisierter Plasmakern von etwa 2 cm Durchmesser. Dieser Leitblitz hat eine Vortriebsgeschwindigkeit in der Größenordnung von einem Tausendstel der Lichtgeschwindigkeit, also 300 km/s. Die Pause zwischen den Ruckstufen beträgt nur einige 10 Mikrosekunden. Wenn sich der Leitblitz bis auf einige 10 bis 100 Meter der Erde genähert hat, erhöht sich an den Spitzen von Bäumen oder Giebeln von Gebäuden die elektrische Feldstärke so stark, dass schließlich die elektrische Festigkeit der Luft überschritten wird und von dort aus nun ebenfalls eine dem Leitblitz ähnliche, einige 10 bis einige 100 m lange so genannte Fangentladung ausbricht, die dem Leitblitz entgegen wächst und schließlich mit dem Leitblitzkopf zusammentrifft. Über den so aufgebauten Weg kann der Ladungsausgleich mit 100.000 km/s (1/3 Lichtgeschwindigkeit) erfolgen. Dieser Vorgang wird als grell aufleuchtende Blitzentladung sichtbar.


Tabelle 3: Technische Daten vom Blitz
Parameter Wert
Temperatur 30.000 °C
Spannung (vor der Entladung) 100.000.000 Volt
Strom 10.000 Ampere
Leistung 1.000 Gigawatt
Geschwindigkeit 300 km/s
Dauer 10-5 bis 10-6 Sekunden

Der Blitz ist bis zu 30.000 °C heiß, was etwa dem Fünffachen der Temperatur auf der Sonnenoberfläche entspricht. Vor der Entladung werden elektrische Spannungen von einigen 100 Millionen Volt aufgebaut. Bei der Entladung fließt ein elektrischer Strom von einigen 10.000 Ampere. Daraus errechnet sich eine Leistung von 1.000 Gigawatt, aber: der Ladungsausgleich dauert nur eine zehntausendstel bis hunderttausendstel Sekunde. Leider kann der Blitz unser Energieproblem so nicht lösen, denn die aus Leistung und Zeit berechnete geleistete Arbeit beträgt nicht mehr als einige 10 Kilowattstunden.


Bild 11: Einteilung der Wolke-Erde-Blitze nach Richtung und elektrischer Ladung
Bild 11: Einteilung der Wolke-Erde-Blitze nach Richtung und elektrischer Ladung


Die meisten Blitzentladungen finden innerhalb der Wolke statt. Nur etwa ein Drittel aller Blitze finden den Weg zur Erde. Diese Blitze werden wiederum nach Ihrer Richtung und elektrischen Ladung unterschieden. Entsprechend der Richtung gibt Aufwärts- und Abwärtsblitze. Wobei der Abwärtsblitz mit einem Anteil von etwa 90% stark dominiert. Die Richtung kann einfach an der Verästelung erkann werden. Abwärtsblitze haben einen nach unten verästelnde Struktur, Aufwärtsblitze verästeln sich nach oben, wie ein Baum oder Strauch.


Von einem positiven Blitz spricht man, wenn positive Ladung aus der Wolke zur Erde abtransportiert wird, was bei etwa 10% der Blitze der Fall ist. Etwa 90% der Wolke-Erde Blitze transportieren negative Ladung zur Erde ab. Der Anteil an positiven Blitzen ist in der kalten Jahreszeit höher als im Hochsommer. Optisch sind diese beiden Blitztypen nicht zu unterscheiden.


Stromverlauf bei Blitzentladungen


Da die Erde-Wolke Blitze nur bei Türmen auf Bergkuppen oder sehr hohen Gebäuden auftreten können, werden für üblich bewohnte Gebiete nur die Wolke-Erde Blitze berücksichtigt. Die Entladungsvorgängen sind bei positiven und negativen Wolke-Erde Blitzen sehr ähnlich. Daher wird der Stromverlauf an den häufig auftretenden negativen Wolke-Erde Blitzen erläutert.


Der erste Leitblitz wächst ruckartig in Richtung Erde. Während seines Weges fließt ein kontinuierlicher Strom von einigen 100 Ampere in den Leader. Die mit dem Strom transportierte Ladung wird in der Konona des Leitblitzes gespeichert. Nähert sich der Leitblitz der Erde, so steigt durch die herannahende Ladung die elektrische Feldstärke an den Objekten auf der Erde. Vor allem an exponierten Stellen wir Bäumen und Gebäudedächern wächst die Fangentladung dem Leitblitz entgegen. Mit dem Einsetzen der Fangentladung beginnt der Hauptblitz und es fließt der Strom zur Erde.


Bild 12: Blitzeinschlag mit aufgebauten Plasmakanal zwischen Wolke und Haus, © Falk Blümel / pixelio.de
Bild 12: Blitzeinschlag mit aufgebauten Plasmakanal zwischen Wolke und Haus, © Falk Blümel / pixelio.de


Erst wenn sich Leitblitz und Fangentladung treffen ist der Durchschlag erreicht. Die im Leitblitz gespeicherte Ladung kann zur Erde abgeführt werden. Es kommt schlagartig zur Stromerhöhung auf den maximalen Wert. Dieser Strom kann in Deutschland auf Werte von einigen 100 A anwachsen.


Der Leitblitz kann sich auch aufteilen und an verschiedenen Stellen weiter wachsen. Es entsteht die typische Verästelung der Blitze. Einige Zweige verkümmern wieder. Sobald der erste Zweig die Fangentladung erreicht hat, erfolgt nur über diesen Kanal der Ladungsausgleich. Der bereits aufgebaute Plasmakanal kann aber gleich noch einmal für weitere Ladungsausgleiche genutzt werden. Die sogenannten Folgeblitze benötigen keinen Kanalaufbau mehr und haben daher einen steilen Impulsanstieg. Durch diesen steilen Anstieg ist die induktive Wirkung der Folgeblitze für noch höhere Überspannungen verantwortlich. Die Anzahl der Folgeblitze in einem ionisierten Kanal ist sehr unterschiedlich. Etwa die Hälfte aller Blitze bestehen aus zwei Teilblitzen. Mehrere Teilblitze werden immer seltener. Aber immerhin haben 80% bis 90% der negativen Wolke-Erde Blitze haben Folgeblitze. Im Durchschnitt bestehen sie aus drei bis vier Teilblitzen. Positive Wolke-Erde Blitze treten hauptsächlich als Einzelblitze auf. Sie haben keine Folgeblitze Die Gesamtdauer des Vorgangs ist bei negativen Blitzen wegen der zahlreichen Folgeblitze wesentlich höher und kann sich auf bis zu einer Sekunde und mehr verlängern.


Bild 13: Komponenten am negativen Abwärtsblitz mit Werten der Blitzschutzklasse I
Bild 13: Komponenten am negativen Abwärtsblitz mit Werten der Blitzschutzklasse I


Bei einem Teil der Entladungen folgt dem impulsförmigen Stoßstrom ein sogenannter Langzeitstrom. Dabei handelt es sich um einen annähernd konstanten Strom von bis zu einigen 100 A, der aber während einer vergleichsweise langen Zeitdauer (bis zu mehreren 100 ms) fließt. Durch diesen Stromfluß können beachtliche Ladungsmengen von mehreren 10 As direkt von der Wolke zur Erde abgeführt werden und damit verbunden tritt ein deutlich höherer Energieumsatz an der Einschlagstelle auf. Dieser hohe Energieumsatz kann zum Entzünden brennbarer Materialien oder zum Durchschmelzen dünner Metallbleche führen. Bei Blitzen mit mehreren Entladungen tritt in 50% aller Fälle ein Langzeitstrom auf, d.h. jeder zweite Blitz mit mindestens einem Folgeblitz weist auch einen Langzeitstrom auf.


Erscheinungen oberhalb der Gewitterwolke


Bei intensiver Gewittertätigkeit können auch Entladungen oberhalb der Gewitterwolke stattfinden. Die Blitze gehen von der oberen Wolkenschicht aus und sind als aufwärts gerichtete Blitzkanäle sichtbar. Diese Blitze können mit Längen bis über 10 km weit in die Stratosphäre hineinreichen. Sie leuchten in grellem Licht bis zu zwei Sekunden lang und sehen den zur Erde gerichteten Blitzen sehr ähnlich.


Neben diesen Blitzen sind weitere Entladungsformen mit gigantischen Ausmaßen entdeckt worden. Die Ursache für die späte Entdeckung liegt daran, dass sie von der Erde aus kaum sichtbar sind. Sie wurden erst aus dem Weltraum heraus dokumentiert. Die Entladungsformen sind absolut unterschiedlich und werden Blue Jet, Red Sprite und Elve genannt.


Der Blue Jet ist eine aus dem oberen Bereich der Gewitterwolke trichterförmig nach oben gerichtete Entladungsfontäne. Sie schießt mit etwa 100 km/s in einem blauen Licht aus der Wolke und erreicht Höhen bis zu 50 km. Der Vorgang dauert nur weniger als eine viertel Sekunde.


Mit Red Sprite wird eine gigantische Entladung bezeichnet, die von etwas über der Gewitterwolke bis in die Ionosphäre hinein reichen kann. Das entspricht einer Höhe von etwa 60 bis 90 km. Sie sind als kurzzeitig rötliches Licht mit einer Dauer bis zu einer Zehntelsekunde erkennbar. Der Durchmesser beträgt einige 10 km, wobei häufig ganze Gruppen dieser Entladungen auftreten. Unter günstigen Bedingungen sind Red Sprites auch vom Boden aus erkennbar. Am Besten in einer Entfernung von 200 km mit guter Sicht.


Der Elve ist eine kreisförmige, meist rötliche Lichterscheinung am Rande der Ionosphäre in etwa 90 km Höhe. Der kreisförmige Ring der Elve expandiert in weniger als einer Millisekunde auf einen Durchmesser vor einigen 100 km. Der Elve wird von normalen Blitzen ausgelöst, wenn sie ein starkes elektromagnetisches Feld abstrahlen, das dann die Ionosphäre erreicht und sie dort durch die Energieabsorption kurzzeitig zum Glühen bringt.


Zerstörung durch den Blitzschlag


vom Blitz gespaltener Baum
vom Blitz gespaltener Baum

Der hohe Stoßstrom, der in einer extrem kurzen Zeit aufgebaut wird, erzeugt ein starkes elektromagnetisches Feld. Dieses Feld ruft nach dem Prinzip des Transformators, selbst in weit entfernten elektrischen Leitern noch so hohe und gefährliche Stromstöße hervor, dass angeschlossenen elektrische Geräte Schaden nehmen können.


Viele Einschläge von Blitzen erfolgen in Bäume, die entweder frei stehen oder sich in ihrer Höhe von der Umgegend weit absetzen. Die hohe Temperatur des Blitzkanals lässt die Feuchtigkeit im Baumstamm explosionsartig verdampfen, was zu so einem hohen Druck führt der den Baumstamm mit Leichtigkeit spalten kann. Auch Einschläge in menschliche Körper rufen extreme Verbrennungen hervor. Trotzdem kommt es manchmal vor, dass Menschen einen Blitzschlag überleben. Dann aber nur, weil der Weg des Blitzes nicht durch die wichtigsten Organe wir Herz oder Gehirn gegangen sind.


Blitzeinschläge in Gebäude rufen oft eine große Verwüstung hervor. So kann die hohe Temperatur des Blitzes schnell einen Brand hervorrufen. Aber auch das elektromagnetische Feld hat soviel Kraft, dass elektrische Leiter durch Induktionen aus der Wand geschleudert werden oder dicke Rohre und Draht auseinander getrieben werden. Der Blitzschutz in Gebäuden sollte daher sowohl gegen hohe Temperaturen aus auch gegen Induktionskräfte ausgelegt sein.

Erfindung des Blitzableiters


Blitz und Donner wurden früher als Laune der Götter interpretiert. Als Benjamin Franklin 1752 seinen Drachen in ein Gewitter lenkte, konnte er den Blitz als gewaltige elektrische Entladung erkennen. Kurz darauf erfand er den Blitzableiter - im Wesentlichen so, wie er heute noch funktioniert. In den Anfangszeiten war man der Meinung, dass Blitzableiter am höchsten Punkt des zu schützenden Objektes angebracht und besonders spitz sein müsste. Die Form des höchsten Punktes hat jedoch keinerlei Einfluss auf die Funktion. Heute werden Blitzableiter in festgelegten Abschnitten über den First und die Dachflächen verlegt und mit Antennenanlagen, Schornsteinen, der Wasserleitung und dem im Boden verlaufenden Fundamenterder verbunden.


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